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Notizen aus Leipzig

Buch Lesen Rezension

Gelesen: Georg Klein - Roman unserer Kindheit

15. September 2010 Gepostet von Unknown 0 Kommentare

Völlig zu Recht hat dieses Buch den Preis der Leipziger Buchmesse 2009 erhalten. Nicht nur, wer den phantastischen Stil der letzten Bücher des norddeutschen Autoren mochte, wird auch hier auf seine Kosten kommen.

Im Roman unserer Kindheit wird eine Kindheitswelt der 1960er-Jahre lebendig. Der erste Teil des Buches beschreibt sehr anschaulich, wie sich die - noch stark von der Nachkriegszeit geprägte -  Welt veränderte. Die ersten Fernseher tauchen auf, die Männer arbeiten in großen Industriefabriken und immer mehr Automobile – Vorzeichen der Massenmotorisierung – tauchen auf. Hier hat sich die DDR von der BRD wohl gar nicht so stark unterschieden. Man erinnert sich bei der Lektüre immer wieder an die eigene Kindheit - an Gerüche oder die scheinbar ewigen Sommer der Ferien. Und an die Freiheiten, die sich ergaben, wenn man die nähere Umgebung immer weiter entdeckte und eroberte.


Der Held – der Große Bruder – wächst mit seinen Freunden in einer Neubausiedlung auf. Das Bild der sechs Wohnblocks in erdfarbenen Gelb- und Brauntönen gestrichen, läst sich so wohl auch in jeder beliebigen Kleinstadt wiederfinden, als es darum ging, schnell und viel Wohnraum  zur Verfügung zu stellen. Alles ist normal. Die Kinder genießen die Ferien, auch wenn der Große Bruder bei einem schweren Fahrradunfall gleich zu Beginn nur eingeschränkt, auf Krücken und mit teilweise großen Schmerzen teilnehmen kann.

Und mit einem Mal entführt Klein den Leser wieder in eine surrealistisch-fantastische Welt. Der sechste, halbfertige Wohnblock in dem noch niemand wohnt und wohl auch niemals jemals wohnen wird, entpuppt sich als hohles Haus mit Verbindungen zu den riesigen alten Brauereikellern mit unterirdischen Seen und Tier-Friedhof. Die Kinder entdecken in den damals nicht enden wollenden Sommerferien eine unwirklichen Welt. Diese bricht auch in den normalen Alltag ein, wenn etwa mehr und mehr  Kriegsversehrte n der Stadt auftauchen und seltsame Verbindungen haben. Und dann gibt es eine düstere Todesprophezeiung, eines der sieben Kinder soll sterben.

Diese Prophezeiung schwebt dann wie ein Damoklesschwert über dem Leser, jeder Wendung des Geschehens fesselt die Aufmerksamkeit. Wie Gewitterwolken zieht sich die Geschichte zum grande finale zusammen, und der Leser findet sich am Ende erleichtert wieder.
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Unknown
Liest gern und viel und schreibt auch darüber.

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