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Buch Buchmesse Leipzig Lesen Sprache

Gabelstaplermeer: das neue von Clemens Meyer

17. Juli 2008 Gepostet von Unknown 2 Kommentare
Gerade als er in seiner gewohnt schnoddrigen Art und mit unverkennbarem Dialekt auf die Frage antwortete, was der Satz - die Erzählungen leuchten - im Klappentext des Buches zu bedeuten habe, tauchte der Engel auf. Ein Mann mit zwei überdimensional großen Engelsflügeln hatte wohl das Interesse an den Comics in Halle 3 verloren und versuchte zuzuhören. Ein gewagtes Vorhaben mit seinen ca. 2 Meter hohen Engelsflügeln. Aber irgendwie passend. Meyer tat die Frage nach dem Leuchten ab.

Das zweite Buch ist das schwierigste, und nach seinem grandiosen Debüt Als wir träumten lag die Latte hoch. Doch Meyer hat diese mit Bravour gemeistert. Das er den Preis der Leipziger Buchmesse gewann, ist daher nur konsequent. Mit Die Stadt. Die Lichter hat er ein Buch vorgelegt, das in bester Tradition steht. Man kann an den großartigen Story-Schreiber Raymond Carver denken, aber auch Hemingway ist präsent, und das bis zum Titel der Geschichten. Denn Meyer hat in einer wundervollen, schnörkellosen Sprache spannende Figuren vorgestellt. Die Geschichten beginnen und enden wie ein Faustschlag - niemand wird langatmig vorgestellt, der Autor führt mitten in den Augenblick. Damit erhalten sie eine Dynamik, die ihresgleichen sucht.
Eine gute Kurzgeschichte bietet Stoff für einen Roman, denn mit dem Ende geht die Geschichte im Kopf weiter.

Etwa wenn er die zarte Liebesgeschichte in den riesigen Gängen des Großmarktes beschreibt, deren Mann - „früher ‚n netter Kerl“ war, „aber seit er arbeitslos ist, ist er ‚n ziemliches Arschloch“. Warum Marion dann ein paar Wochen nicht kommt, warum sich der alte Meister aufhängt, bleibt offen. Damit bleiben Lücken, die Raum für den „Roman im Kopf“ bieten.
Jede einzelne steht für sich, aber alle zusammen lesen sich wie ein Roman, so schätzt Meyer sein Buch selbst ein. Bindeglied ist aber nicht das Scheitern der Helden, sondern eher der Blick. Hier hat jemand - und das wurde auch schon beim Erstling hervorgehoben - tatsächlich nicht nur Betroffenheitslyrik zu bieten, siondern erzählt aus dem Leben.
Und da passt dann auch, dass das Ende der Geschichte „Von Hunden und Pferden“ mit einem letzten Satz einiges umwirft. Das kann man nicht vorwerfen, denn das Leben spielt mitunter so zu. Entschädigt wird man dann vom Rauschen der Gabelstaplerhydraulik, es geht also auch fast romantisch.
Unbedingt lesenswert.
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19.Jahrhundert Leipzig Sprache Theater

Ganz großes Kino

6. Juni 2008 Gepostet von Unknown 0 Kommentare
http://www.schauspiel-leipzig.de/images_kopf/7868.jpg
S. meinte, es wäre eher Volkstheater. Wir sahen am Mittwoch Wildes Idealer Gatte. Okay, es ist eine Komödie, aber dafür mit geschliffener Sprache, Oscar Wilde at his best. Und einer Unmenge klassischer Bonmots."Ich liebe es, über nichts zu reden. Das ist das Einzige, wovon ich etwas verstehe." - Lord Goring oder "Die Liebe zu sich selbst ist der Beginn einer lebenslangen Romanze" - Lord Goring oder "Man sollte einer Frau nie etwas geben, was man nicht am Abend tragen kann" - Mrs. Cheveley. Ein sehr schönes über Politiker ist mir leider entfallen.
Ganz groß fand ich den Unterhaltungskünstler Martin Reik, der mit recht beeindruckendem Stimmvolumen und schöner Fönwelle ein paar Beatles-Klassiker, nein, nicht trällerte, zum Besten gab. Lohnt sich und kommt bald nicht mehr.
Zemanta Pixie
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Buch Juli Zeh Lesen Rezension Sprache

Gelesen: Juli Zeh Schilf

4. Juni 2008 Gepostet von Unknown 0 Kommentare
14 08 jonho 49Image via WikipediaDer nun mittlerweile gar nicht mehr so neue Rom,an von Juli Zeh - Schilf lässt mich mit, nunja, gespaltener Meinung zurück. Es ist mal wieder schön gewesen einen Krimi zu lesen. Aber er schien mir bisschen überambitioniert, obwohl ich nicht genau beschreiben kann, warum. Ist er doch gut geschrieben, es werden tatsächlich große Themen an der Grenze von Physik und Metaphysik diskutiert, die Suche nach Vereinheitlichung von Quantenmechanik und allgemeiner Relativitätstheorie.

Der geschilderte Kriminalfall dreht sich um den an einem Hirntumor leidenden Kommissar Schilf, der die Entführung des Sohnes eines renommierten Nachwuchsphysikers aufzuklären hat, nebenbei gibt es einen juristischen Grundkurs, was etwa Nötigungsnotstand ist. (Gott, lange her.) Der Täter war dann - für einen Krimi zu früh - ganz schnell klar. Zumindest für einen wenigsten Gelegenheitskrimileser schon weil es einfach zu wenige eingeführte Charaktere gab. Achja, oft fliegen Vögel auf.

Sehr zutreffend schreibt Katharina Bendixen (poetenladen.de)

"Wie sich Adler und Engel auf Max und Clara und Spieltrieb auf Ada und Alev verlassen, baut auch Schilf über weite Strecken auf die Exzentrik und die Intellektualität vor allem von Oskar, Rita Skura und Schilf. Die Überzogenheit der Figuren macht den Roman zwar interessant und spannend, verstärkt jedoch gleichzeitig die Konstruiertheit der Handlung und der Sprache. Lässt man die zahlreichen Personenbeschreibungen beiseite, ist die Geschichte in wenigen Stichpunkten zusammenzufassen: Es geht um Zeit und Paralleluniversen, um die Idee eines Zeitmaschinenmörders, einen Artikel im Spiegel und eine Sendung im ZDF, um einen geköpften Fahrradfahrer und einen Schmetterlingssammler. Mückenstiche überführen, und Freundschaften zerbrechen. Das alles ist spannender erzählt als in einem Tatort und plastischer beschrieben als in den meisten deutschsprachigen Gegenwartsromanen. Aber es krankt an der allgegenwärtigen Konstruiertheit von Plot, Sprache und Figuren, an einer schriftstellerischen Überangestrengtheit, die anstrengt."
Zemanta Pixie
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