Ingo Schulze, 1962 in Dresden geboren, war bis 1990 als Dramaturg am Landestheater Altenburg und dann in einer Zeitungsredaktion tätig. Diese Arbeit führte ihn 1993 für ein halbes Jahr nach Sankt Petersburg. Seither lebt er als freier Autor in Berlin. Für »33 Augenblicke des Glücks« wurde er mit dem Alfred-Döblin-Förderpreis und dem Ernst-Willner-Preis des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs ausgezeichnet.
Bei einer Lesung am 7. Dezember im Leipziger Literaturhaus gab Feuilletonredakteur Lothar Müller von der Süddeutschen Zeitung eine kluge Einführung. Was wohl alle vermuten würden, stellte er gleich zu Beginn klar: „auch wenn das Buch manchem autobiographisch motiviert erscheinen mag, dem ist nicht so, der Held Türmer ist 1961 geboren, Ingo Schulze dagegen 1962. “ Jedenfalls, beide sind Nach-Mauer-Kinder, die in der Wendezeit mitten im Leben standen. Und daraus resultierend stellt Schulze auf dem Rückcover die Frage, Wie kam der Westen in meinen Kopf?
Wie kam es also vom Wandel von einem Revoluzzer mit schriftstellerischen Ambitionen zum erfolgreichen Geschäftsmann? Sehr interessant finde ich das Herangehen, einen Roman in Briefen zu veröffentlichen und lediglich als Herausgeber zu fungieren. Auffällig ist auch, dass die Fußnoten im Laufe des Romans immer mehr werden, und dazu immer mehr satirisch, berichtigend, eingreifend, erläuternd und manchen an den Roman Dr. Faustus von Thomas Mann erinnern mögen.
Die Figuren sind in den Briefen recht treffend beschrieben, gerade der Briefwechsel mitr verschiedneen Empfängern und den entsprechend differeierenden beschreibungen machen die Lektüre interessant. Trotzdem, Schulze hätte sich da doch noch mehr in den Vordergrund hätte drängen können, denn gerade durch die Anmerkungen, bleibt einem der Held des Buches bis zum Schluss merkwürdig distanziert, es will sich keine so rechte Sympathie einstellen.
Den Stil sieht Müller an die Kunst der amerikanischen Stories angenähert, eine etwas zweifelhafte Einschätzung finde ich. Und es bleiben Dinge offen: Allein welche Rolle die Mephistopheles`sche Gestalt des Barons spielt, darüber hätte ich gern mehr erfahren.
Fragen sind ja üblicherweise eher müde bei Lesungen, dennoch wollte das Publikum wissen - „Sehen sie sich als Wendeschriftsteller?“ Tatsächlich wurden sowohl „Simple Stories“ als auch „Neue Leben“ als der „ultimative Wenderoman“ von der Presse gefeiert. Schulze will auf „Neue Leben“ eine Fortsetzung folgen lassen, unklar wann, dazu meinte er, er „werde wohl immer über diese Zeit schreiben, es steht nicht zu erwarten, dass ich einen Roman aus den 50er Jahren, oder früher schreibe“. Wirklich große Schriftsteller sind in der Lage ein Thema gerade durch häufiges Bearbeiten so zu behandeln, dass es mit jedem Buch besser wird, ich denke da an Philipp Roth, ob Schulze dazugehört wird er wohl mit seinem nächsten Buch unter Beweis stellen müssen. Der Perlentaucher zeigt geteilte Meinungen über Ingo Schulzes Roman Neue Leben.
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