Der Perlentaucher fasst die jubelnden Rezensionen für Fred Wander
Der siebente Brunnen aus dem Wallstein Verlag, Göttingen 2005
ISBN 389244837X, Gebunden, 168 Seiten, 19,00 EUR zusammen.
Fast einhellig jubeln alle über die Neuauflage. erstmals erschien er wohl im Aufbau Verlag in Ostberlin, mir liegt die dritte AUflage von 1976 vor. Und es ist wirklich ein grosses Buch. Erstaunlich, dass das nicht in den antifaschistischen Schullektürenkanon Einzug fand? Die taz sieht es "Augenhöhe mit den Werken von Imre Kertesz und Ruth Klüger". Und Christa Wolf schrieb in Gedächtnis und Gedenken. "Fred Wander, seit langem Autor, tritt mit dem Siebenten Brunnen als über Fünfzigjähriger in die Literatur ein. Zu der moralischen Legitimation des Dabeigewesenen kommt die Legitimation des Schriftstellers, der den Stoff seines Lebens aufschreibt. Fünfundzwanzig Jahre hat er dazu gebraucht. Kein Zweifel, daß er die Zeit über an diesem Buch gearbeitet, daß es sich in ihm dauernd verändert hat. Er hat klug den Zeitpunkt gefühlt, da er es schon und noch machen konnte, da es ihn nicht mehr überwältigt hätte, aber auch noch nicht in ihm verblaßt war. Er hat lange zu der Niederschrift gebraucht und sich, wie es natürlich ist, dabei gequält.
Im Buch ist nichts davon zu spüren. Auch die zufälligen Eigenschaften und Eigenheiten des wirklichen Autors, den man zu kennen, mit dem man befreundet zu sein glaubt, sind zurückgetreten (wie übrigens, bis auf wenige, allerdings wichtige und bezeichnende Episoden, er selbst als Figur). Er kann ›ich‹ sagen, ohne nur sich selbst zu meinen. Das schwierige Unternehmen, nicht nur von den Ereignissen, sondern auch von sich Abstand zu gewinnen, diese Selbst-Verfremdung, Selbst-Ernüchterung – es ist ihm gelungen.
Vielleicht war es das, wofür die lange Zeit nötig war. Jetzt ist da ein Erzähler, dessen Stimme von Haß und Überschwang frei ist; der sich nachdenklich, fast gelassen, aber tief beteiligt, besorgt, erstaunt, und immer als unser Zeitgenosse erinnert.
Denn dieses Erinnerungsbuch ist von heute aus geschrieben (darin verwandt Jorge Sempruns Die große Reise). Wie das Gedächtnis viele Möglichkeiten hat (auch die des Vergessens), gibt es viele Stufen und Schichten der Erinnerung. Es gelingt dem Autor, sie alle durchschimmern zu lassen. In einer Frage, einem Nebensatz, in der Haltung, die er heute zu den Vorgängen von damals einnimmt, läßt er die ganze Zwischen-Zeit mit anwesend sein, in einer genauen Prosa. Denn Prosa ist die authentische Sprache der Erinnerung, eines der wichtigsten Medien, deren sich die Menschheit zur Erhaltung und Auffrischung ihres lebenswichtigen Langzeitgedächtnisses bedient." Dem ist wohl nichts hinzuzufüggen. Großartiges Buch.
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