Für dieses Opus magnum wurde Craig 1981 als Erster mit dem bedeutenden Historikerpreis der Stadt Münster ausgezeichnet. In einer vielbeachteten Rede, die er damals hielt, erinnerte er daran, dass Geschichte keine »exakte Wissenschaft«, sondern eine »humanistische Disziplin« sei, die es nicht nur mit Strukturen, sondern vor allem mit Menschen zu tun habe. Als Diener der Muse Klio müssten die Historiker wieder lernen, »Geschichte und Literatur zu verbinden«. Wie diese Kombination glücken kann, das demonstrierte Craig in seinem gesamten, fast ausnahmslos bei C. H. Beck in München erschienenen Œuvre. Immer wusste er interessant zu erzählen, mit einer Prise Humor und einer Lust am Anekdotischen, die sich nie in schwadronierende Weitläufigkeit verlor. Und gern würzte er seine Texte mit Anspielungen und Zitaten, die überraschendes Licht auf die historischen Akteure und Konstellationen warfen.
Vor allem aber: Dieser Amerikaner schottischer Herkunft, der lange Jahre an der Stanford-Universität lehrte, hat es wie kein Zweiter verstanden, die Literatur als Quelle für die Geschichtsschreibung nutzbar zu machen. Inspirieren ließ er sich hier von Theodor Fontane, dem er eines seiner schönsten Bücher Über Fontane (1997) widmete. An Fontanes Romanen rühmte er die Kunst, die gesellschaftliche Wirklichkeit und die Klassenkonflikte seiner Zeit im Spiegel der handelnden Personen anschaulich zu machen. Dieser Kunst hat Craig nachgeeifert, indem er nicht nur literarische Zeugnisse heranzog und zum Sprechen brachte, sondern Geschichtsschreibung selbst als eine Form erzählter Literatur betrieb. Kein Wunder, dass seine Bücher sich hierzulande eines größeren Zuspruchs erfreuten als die meisten Werke seiner deutschen Fachkollegen.
Der Verweis auf Fontane ist sehr treffend. Man kann ja nicht immer nur Zahlen und Fakten im Winkler stuideren - zur Entspannung hält dann Fontanes Stechlin her. Und der ist auch goldrichtig, da er zwar sehr verklärend die Welt der märkischen Junker beschreibt, etwa um 1890 herum. Und Winkler erklärt eben die angedeuteten Konflikte, Bismarck, Bebel, Sozialistengesteze, Stoecker - der klerikal-konservative Hofprediger (heute wäre er wohl der Chef der Liga polnischer Familien) usw. Gute Mischung, finde ich.
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