"Von weitem sehen sie aus wie Kinder. Sie sind zu dritt, vielleicht 11 oder 12 Jahre alt, die Haare kurz rasiert, die dünnen Körper stecken in Trainingsanzügen. Zügig überquere ich die Norfolk Street im Glasgower Arbeiterstadtteil Gorbals und steuere auf die Halbwüchsigen zu. Die Jungs schauen mich an. Wir sind 20 Meter voneinander entfernt, ich werde nervös. Soll ich umkehren? Wegrennen? Meine Schritte werden langsamer, ihre schneller. Ich bleibe stehen. Der mittlere bellt etwas zur Begrüssung: «Haaaw, you, giiies fägg!» Er spricht Glasgower Dialekt, ich verstehe kein Wort. Die beiden anderen kichern und tauschen Blicke aus, ihre Gesichter sehen seltsam alt aus. Der mittlere nimmt einen Schritt auf mich zu, ich weiche zurück.
Alle drei sprechen jetzt durcheinander, die Angst lärmt in meinem Kopf: Ich könnte ihnen mein Portemonnaie geben. Oder ich könnte mich wehren. Ich bin einen Kopf grösser als der mittlere . . . Aus den Augenwinkeln sehe ich einen Mann, der kurz zu uns herüberblickt, dann weitergeht. Mit lauter Stimme sage ich: «Ich bin Journalist», es klingt schwächlich. Es ist mein erster Abend in Glasgow. Und ich habe Angst vor 11-Jährigen."
Glasgow ‹ Europas Hauptstadt der Morde
Mikael Krogerus beschreibt im NZZ Folio: Glasgow ‹ Europas Hauptstadt der Morde Glasgow. Und das ist nicht lustig. Armut, Alkohol, Gewalt.
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